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Das neue KrW-/AbflG: Kleine Synopse Teil 2 (§ 2 Geltungsbereich)

Das neue Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG) tritt am 01. Juni 2012 in Kraft. Was ändert sich? Was muss beachtet werden? ilex widmet diesen Frage die Reihe „Das neue KrW-/AbflG: Kleine Synopse“ und wird Schritt für Schritt die wichtigsten Änderungen zeigen und kommentieren. Im ersten Teil geht es um den neuen § 1, in dem der Zweck des Gesetzes erweitert wird.



Gliederung


1. Das neue Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

Eine Erneuerung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts war nicht nur europäischen Vorgaben geschuldet. Für wahr: Am 12. Dezember 2008 ist die Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (Abfallrahmenrichtlinie) in Kraft getreten, die auch den deutschen Gesetzgeber zum Handeln zwang. Gleichwohl ist vielerorts, nicht zuletzt in der Gesetzesbegründung selbst zu lesen, dass die Novelle auch der Fortentwicklung dieses Rechtsgebietes dienen soll. Letzteres ist auch dringend nötig. Zuletzt waren Fragen zur Auslegung des Gesetzes zu streitig und zu offen. Das mag vielleicht eine Erklärung für die ungewöhnlich heftige Debatte zwischen Politik, Wirtschaft und Umweltverbänden sein. Am Ende stimmten Bundestag und Bundesrat am 09. Bzw. am 10. Februar 2012 einem Kompromissvorschlag zu.

2. Der neue § 2 - die Synopse

Alte Fassung:

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für

1. die Vermeidung,

2. die Verwertung und

3. die Beseitigung von Abfällen.

(2) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht für

1. die nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, soweit es für Lebensmittel, Lebensmittel-Zusatzstoffe, kosmetische Mittel, Bedarfsgegenstände und mit Lebensmitteln verwechselbare Produkte gilt,
nach dem Vorläufigen Tabakgesetz,
nach dem Milch- und Margarinegesetz,
nach dem Tierseuchengesetz,
nach dem Pflanzenschutzgesetz und nach den aufgrund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen zu beseitigenden Stoffe,

1a. die nach der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. EG Nr. L 273 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung, nach den zu ihrer Durchführung ergangenen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft, nach dem Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz oder nach den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen abzuholenden, zu sammelnden, zu befördernden, zu lagernden, zu behandelnden, zu verarbeitenden, zu verwendenden, zu beseitigenden oder in den Verkehr zu bringenden tierischen Nebenprodukte,

2. Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe im Sinne des Atomgesetzes,

3. Stoffe, deren Beseitigung in einer aufgrund des Strahlenschutzvorsorgegesetzes erlassenen Rechtsverordnung geregelt ist,

4. Abfälle, die beim Aufsuchen, Gewinnen, Aufbereiten und Weiterverarbeiten von Bodenschätzen in den der Bergaufsicht unterstehenden Betrieben anfallen, ausgenommen Abfälle, die nicht unmittelbar und nicht üblicherweise nur bei den im 1. Halbsatz genannten Tätigkeiten anfallen

5. nicht in Behälter gefaßte gasförmige Stoffe,

6. Stoffe, sobald diese in Gewässer oder Abwasseranlagen eingeleitet oder eingebracht werden,

7. das Aufsuchen, Bergen, Befördern, Lagern, Behandeln und Vernichten von Kampfmitteln.

Neue Fassung:

(1) Die Vorschrift dieses Gesetzes gelten für

1. die Vermeidung von Abfällen,

2. die Verwertung von Abfällen,

3. die Beseitigung von Abfällen,

4. die sonstigen Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung.

(2) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht für

1. Stoffe, die zu entsorgen sind,

a) nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2011 (BGBl. I., S. 1770) in der jeweils geltenden Fassung, soweit es für Lebensmittel, Lebensmittel-Zusatzstoffe, kosmetische Mittel, Bedarfsgegenstände und mit Lebensmitteln verwechselbare Produkte gilt,

b) nach dem Vorläufigen Tabakgesetz in der Fassung der Bekanntmachung von 9. September 1997 (BGBl. I S. 2296), das zuletzt durch Artikel 4 vom 9. Dezember 2009 (BGBl. I S. 1934) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,

c) nach dem Milch- und Margarinegesetz vom 25. Juli 1990 (BGBl. I S. 1471), das zuletzt durch Artikel 22 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1934) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,

d) nach dem Tierseuchengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1260, 3588), das zuletzt durch Artikel 18 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1934) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,

e) nach dem Pflanzenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Mai 1998 (BGBl. I S. 971, 1527, 3512), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1934) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,

f) nach den aufgrund der in den Buchstaben a bis e genannten Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen

2. tierische Nebenprodukte, soweit diese nach der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) 1774/2002 (Verordnung für Nebenprodukte (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung, nach den zu ihrer Durchführung ergangenen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft, nach dem Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz vom 25. Januar 2004 (BGBl. I S. 82), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1934) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, oder nach den aufgrund des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz erlassenen Rechtsverordnungen abzuholen, zu sammeln, zu befördern, zu lagern, zu behandeln, zu verarbeiten, zu verwenden, zu beseitigen oder in den Verkehr zu bringen sind, mit Ausnahme derjenigen tierischen Nebenprodukte, die zur Verbrennung, zur Lagerung auf einer Deponie oder zur Verwendung in einer Biogas- oder Kompostieranlage bestimmt sind.

3. Körper von Tieren, die nicht zur Schlachtung zu Tode gekommen sind, einschließlich von solchen Tieren, die zur Tilgung von Tierseuchen getötet wurden, soweit diese Tierkörper nach den in Nummer 2 genannten Rechtsvorschriften zu beseitigen oder zu verarbeiten sind,

4. Fäkalien, soweit sie nicht durch Nummer 2 erfasst werden, Stroh und andere natürliche nicht gefährliche land- und forstwirtschaftliche Materialien, die in einer Land- oder Forstwirtschaft oder zur Energieerzeugung aus einer solchen Biomasse durch Verfahren oder Methoden verwendet werden, die die Umwelt nicht schädigen oder die menschliche Gesundheit nicht gefährden ,

5. Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe im Sinne des Atomgesetzes,

6. Stoffe, deren Beseitigung in einer aufgrund des Strahlenschutzvorsorgegesetzes vom 19. Dezember 1986 (BGBl. 1 S. 2610), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2008 (BGBl. 1 S. 686) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung erlassenen Rechtsverordnung geregelt ist,

7. Abfälle, die beim Aufsuchen, Gewinnen, Aufbereiten sowie bei der damit zusammenhängenden Lagerung von Bodenschätzen in Betrieben anfallen, die der Bergaufsicht unterstehen und die nach dem Bundesberggesetz vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1310), das zuletzt durch Artikel 15a des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und aufgrund des Bundesbergbaugesetzes erlassenen Rechtsverordnungen unter Bergaufsicht entsorgt werden,

8. gasförmige Stoffe, die nicht in Behältern gefasst sind,

9. Stoffe, sobald diese in Gewässer oder Abwasseranlagen eingeleitet oder eingebracht werden,

10. Böden am Ursprungsort (Böden in situ), einschließlich nicht ausgehobener, kontaminierter Böden und Bauwerke, die dauerhaft mit dem Grund und Boden verbunden sind

11. nicht kontaminiertes Bodenmaterial und andere natürlich vorkommenden Materialien, die bei Bauarbeiten ausgehoben wurden, sofern sichergestellt ist, dass die Materialien in ihrem natürlichen Zustand an dem Ort, an dem sie ausgehoben wurden, für Bauzwecke verwendet werden,

12. Sedimente, die zum Zweck der Bewirtschaftung von Gewässern, der Unterhaltung oder des Ausbaus von Wasserstraßen sowie der Vorbeugung gegen Überschwemmungen und Dürren oder zur Landgewinnung innerhalb von Oberflächengewässern umgelagert werden, sofern die Sedimente nachweislich nicht gefährlich sind,

13. die Erfassung und Übergabe von Schiffsabfällen und Ladungsrückständen, soweit dies aufgrund internationaler oder supranationaler Übereinkommen durch Bundes- oder Landesrecht geregelt wird,

14. das Aufsuchen, Bergen, Befördern, Lagern, Behandeln und Vernichten von Kampfmitteln sowie

15. Kohlendioxid, das für den Zweck der dauerhaften Speicherung abgeschieden, transportiert und in Kohlendioxidspeichern gespeichert wird, oder das in Forschungsspeichern gespeichert wird.

3. Fazit

Die Änderungen des § 2 KrW-/AbflG sind - allein gemessen am textlichen Umfang - herausragend.

Absatz 1 behält die drei Katalogmerkmale bei und ergänzt sie durch einen weitgehaltenden Auffangtatbestand ("sonstige Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung").

Absatz 2 regelt weiterhin, auf welche Lebensbereich das KrW-/AbflG nicht anwendbar ist. "Zur besseren Lesbarkeit" wurden die Ausnahmetatbestände aber neu strukturiert und durch eine weitere Ausnahme (z.B. Schiffsabfälle) ergänzt.

Die Änderungen in den Nummern 1 (Vorrang Lebensmittel- und Futterrecht vor dem Abfallrecht) und 2 (keine Anwendbarkeit des KrW-/AbflG für tierrische Nebenprodukte) sind überwiegend redaktioneller Natur. Hinsichtlich der Nummer 2 ist noch zu erwähnen, dass das KrW-/AbflG auf Tierprodukte ausnahmsweise doch anwendbar ist, wenn sie für Verbrennung, Lagerung, auf einer Deponie oder zur Verwendung in einer Biogas- oder Kompostieranlage bestimmt sind. Hintergrund ist Artikel 2 Absatz 2 lit. b der Abfallrichtlinie, die diese Rückausnahme vorschreibt.

Nummer 3 sieht nunmehr vor, dass das KrW-/AbflG nicht zur Awendung kommt, wenn es um die Beseitigung von Tieren geht, die nicht zum Zwecke der Schlachtung gestorben sind; etwa auf der Jagd oder durch einen Verkehrsunfall. Hintergrund ist auch eine Norm der Abfallrichtlinie, nämlich Artikel 2 Absatz 2 lit. c.

Nummer 4 enthält einen völlig neuen Ausnahmetatbestand. Hiernach ist das KrW-/AbflG nicht anwenbdar auf Fäkalien, Stroh und andere natürlich und nicht gefährliche land- und forstwirtschaftliche Materialien. Die Vorschrift setzt Artikel 2 Absatz 2 lit. f der Abfallrichtlinie um und hat v.a. auch lenkende Wirkung. Die Ausklammerung dieses Lebensbereiches aus dem abfallrechtlichen Regime berücksichtigt die Bedürfnisse der Land- und Forstwirtschaft. Von dieser Privilegierung sind auch solche Materialien umfasst, die der Energieerzeugung aus Biomasse dienen, was diesen Sektor stärken soll.

Die Nummern 5 und 6 entsprechen - in dieser Reihenfolge - den alten Nummern 2 und 3. Sie bleiben beibehalten.

Bedeutender ist schon die "neue" Nummer 7. Nach dieser Norm ist das Kreislaufwirtschafts-/Abfallgesetz auf solche Abfälle nicht anwendbar, die bei bergbaulichen Tätigkeiten in Betrieben, die der Bergaufsicht unterstehen, anfallen. Hierbei stellt der Gesetzgeber sehr deutlich heraus, welche Abfälle hier ausdrücklich umfasst sind (beim Aufsuchen, Gewinnen, Aufbereitung, Lagerung).

Die Nummer 8 entspricht der "alten" Nummer 5.

Die Nummer 9 entspricht der "alten" Nummer 6 und schließt die Anwendbarkeit des KrW-/AbflG für die Beseitigung solcher Stoffe aus, die bereits in Gewässer oder Abwasseranlagen eingebracht wurden. Hier soll das Wasserrecht vorangig gelten, das i.Ü. seinerseits ebenfalls eine umweltverträgliche Entsorgung vorschreibt.

Die Nummer 10 schließt die Anwendbarkeit des KrW-/AbflG für Böden am Ursprungsort aus und setzt somit Artikel 2 Absatz 1 lit. b der Abfallrichtlinie um. Der Begriff Boden deckt sich mit demjenigen aus dem Bundesbodenschutzgesetz. Hiervon dürften möglicherweise Kabelschächte oder Rohrleitungen umfasst sein. Die Änderung trägt auch dem erweiterten, über die beweglichen Sachen hinausgehenden Abfallbegriff Rechnung.

Die Nummer 11 ist ein neuer Ausnahmetatbestand für nicht konterminiertes Bodenmaterial und setzt Artikel 2 Absatz 1 lit. c der Abfallrichtlinie um.

Die neue Nummer 12 setzt Artikel 2 Absatz 3 der Abfallrichtlinie um und schließt die Anwendbarkeit des KrW-/AbflG für ungefährliche Sedimente aus, die bestimmten wirtschaftlichen Zwecken bei der Nutzung von Gewässern bzw. Wasserstraßen (Bewirtschaftung, Unterhaltung, Prävention von Naturkatastrophen, Landgewinnung) dienen und innerhalb von oberirdischen Gewässern ihrem Ort nach verändert werden. Die Gefährlichkeit bzw. Ungefährlichkeit beurteil sich nach dem deutschen und europäischen Wasserrecht.

Die Nummer 13 ist eine Neuerung und betrifft Schiffsabfälle. Insofern geht das Landes- und/oder Bundesrecht, das der Umsetzung völker- und supranationaler Übereinkommen zu diesem Regelungsgebiet dem KrW-/AbflG vor.

Die Nummer 14 entspricht der bisherigen Nummer 7 und betrifft eine Ausnahme für Kampfmittel.

Die neue Nummer 15 betrifft eine Ausnahme für Kohlendioxid, das für den Zweck der dauerhaften Speicherung abgeschieden, transportiert und in Kohlendioxidspeichern gespeichert wird oder das in Forschungsspeichern gespeichert wird.

Autor

Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Publikationen:

Veröffentlichungsliste Dr. Schulte am Hülse (PDF)

Auswahl (Sonderdrucke als PDF)

Das Abgreifen von Zugangsdaten zum Online-Banking, in: MMR 7/2016, S. 435-440.

Umfang des Auskunftsanspruches gegen die Schufa-Scorewerte, in: NJW 17/2014, S. 1235-1239

Der Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Bargeldabhebung an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl, in: NJW 18/2012, S. 1262-1266.

Das Abgreifen von Bankzugangsdaten im Online-Banking, in: MMR, 2010, S. 84-90.

Weitere Sonderdrucke auf Anfrage

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