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Datenschutz-Grundverordnung: ULD macht sich stark für die Verordnung

Neuigkeiten von der Datenschutz-Grundverordnung. Mit Pressemitteilung vom 14. März 2012 macht die Datenschutzaufsichtsbehörde von Schleswig-Holstein, das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) deutlich, dass sie hinter der Datenschutz-Grundverordnung steht und fordert zugleich ihren Landesgesetzgeber auf, dieses Vorhaben zu unterstützen. ilex erklärt die Hintergründe




Übersicht


1. Zur Datenschutz-Grundverordnung

Die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (kurz: Datenschutz-Grundverordnung) ist noch nicht einmal verabschiedet, schon erhitzt sie die Gemüter.

Anders als die bisherige Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (kurz: Datenschutzrichtlinie) würde die Datenschutz-Grundverordnung, so sie in Kraft tritt, unmittelbar wie ein Gesetz gelten und müsste nicht mehr umgesetzt werden.

2. Zur Kritik an der Datenschutz-Grundverordnung

In diesem Zusammenhang überraschte Johannes Masing, seinerseits Richter am Bundesverfassungsgericht, mit einem Beitrag in der Süddeutschen Zeitung, in der er v.a. seine Sorge zum Ausdruck brachte, dass die Datenschutz-Grundverordnung die deutschen Grundrechte verdränge (SZ vom 09.01.2012). Der Blogger Ralf Bendrath ließ sich gar dazu hinreißen, diesen Ansatz auf netzpolitik.org als „Blödsinn“ zu bezeichnen.

Auch von anderer Seite wird die Datenschutz-Grundverordnung kritisiert. In der Online-Ausgabe der Wirtschaftswoche vom 17. Dezember 2011 ist zu lesen, dass die Feststellung der Kreditwürdigkeit auf Grundlage von Persönlichkeitsprofilen erschwert werde. So zumindest sieht es Ulrich Wuermeling, Datenschutzexperte bei der Anwaltskanzlei Latham & Watkins.

Gegenstand der Pressemitteilung des ULD ist ein Antrag der Landtagsfraktionen von CDU und FDP, mit dem die Landesregierung darauf hingewiesen werde, dass für „eine europäische Datenschutzrechtsverordnung und eine ergänzende Datenschutzrichtlinie für die Bereiche Justiz und Polizei […] kein Bedarf“ bestehe (LT-Drs. 17/2350).

3. Zum Appell des ULD

In seiner aktuellen Pressemitteilung appelliert das ULD an den Landtag von Schleswig-Holstein, diese Kritik aufzugeben und das Anliegen der Verordnung zu unterstüzen.

Der ULD-Leiter Thilo Weichert hierzu wörtlich:

Der über den Bundesrat gestartete Versuch, die Vereinheitlichung des europäischen Datenschutzes zu verhindern, ist ein Bärendienst für den Datenschutz in Europa und weltweit – mit falschen Argumenten. Insbesondere die Grundverordnung würde das Gesamtniveau des Datenschutzes in Europa stark erhöhen. Beispielsweise könnte Facebook nicht mehr wie bisher weitgehend ungestört mit seinen Rechtsverstößen Geld verdienen. Zwar sind einzelne Regelungsvorschläge in der Grundverordnung zweifellos verbesserungsfähig, andere sind aus Subsidiaritätsgründen überflüssig. Es kann aber nur von rückwärtsgerichteten Politikern behauptet werden, es bestehe kein europäischer Regelungsbedarf für den Datenschutz in Europa, insbesondere im Hinblick auf das Internet. Die Bundesregierung hat es in mehr als zwei Jahren trotz vollmundiger Ankündigungen nicht geschafft, zum Internetdatenschutz auch nur einen einzigen vernünftigen Vorschlag zu machen. Und ein solcher Vorschlag kommt nun von der EU-Kommission, der nicht nur eine europäische Harmonisierung und eine technische Modernisierung, sondern auch eine inhaltliche Vereinfachung mit sich bringen wird. Die Behauptung einer Absenkung des nationalen Datenschutzniveaus ist insgesamt falsch. Zu möglichen Verbesserungen erwarte ich im Rahmen der parlamentarischen Verhandlungen konstruktive Beiträge von allen politischen Parteien auf Europa-, Bundes- und Landesebene, keine undifferenzierte unüberlegte Generalverdammung.

Eine EU-Datenschutz-Grundverordnung wird weltweite Auswirkungen haben, auch auf die US-Politik, die anscheinend mit einem Pseudo-Gegenentwurf der EU-Initiative die Fahrt nehmen möchte. Vor wenigen Tagen hat der US-Präsident eine ´Consumer Privacy Bill of Rights` vorgestellt, die dem Ziel dient, die Vorherrschaft der US-Unternehmen auf dem europäischen Markt unter Missachtung des europäischen Rechts auszubauen.

Die einbringenden Landtagsfraktionen hätten, so wie dies die Fraktionen von der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen taten, sich vor Einbringung des Antrags mit dem ULD zum Thema austauschen können. Es ist nicht zu spät. In jedem Fall muss verhindert werden, dass die Vereinheitlichung und Modernisierung unseres überalterten Datenschutzrechts verhindert wird.

4. Fazit

Die heftige Diskussion um die Datenschutz-Grundverordnung, in deren Verlauf Verfassungsrichter sich zu Wort melden; ihrerseits aber mit Begriffen wie „Blödsinn“ in Verbindung gebracht werden und das ULD sich erneut mit Landtag und Landesregierung von Schleswig-Holstein anlegt, erinnert sehr stark die Entstehung der ersten Datenschutzrichtlinie, die die erste Hälfte der 1990er v.a. in Großbritannien heftig diskutiert wurde. Am Ende konnte die Richtlinie jedoch nicht verhindert werden.

Daher wird auch die Datenschutz-Grundverordnung kommen. Die heftigen Diskussionen werden dies nicht verhindern; gleichwohl sind sie Vorboten einer umso heftigeren Debatte um die Deutungshoheit der Richtlinie. Zahlreiche Rechtsstreitigkeiten vor Verwaltungs- und Zivilgerichten sind zu erwarten.

Umso mehr empfiehlt es sich, die Entwicklung genau zu beobachten und unternehmerische Abläufe frühzeitig zu modifizieren, sodass ein sicheres Hinübergleiten in die Zeit nach Inkraftreten der Verordnung möglich ist. Hierbei ist es hilfreich, frühzeitig Kontakt zu den Aufsichtsbehörden zu suchen.

Autor

Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Publikationen:

Veröffentlichungsliste Dr. Schulte am Hülse (PDF)

Auswahl (Sonderdrucke als PDF)

Das Abgreifen von Zugangsdaten zum Online-Banking, in: MMR 7/2016, S. 435-440.

Umfang des Auskunftsanspruches gegen die Schufa-Scorewerte, in: NJW 17/2014, S. 1235-1239

Der Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Bargeldabhebung an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl, in: NJW 18/2012, S. 1262-1266.

Das Abgreifen von Bankzugangsdaten im Online-Banking, in: MMR, 2010, S. 84-90.

Weitere Sonderdrucke auf Anfrage

ilex Rechtsanwälte – Berlin & Potsdam Yorckstraße 17, 14467 Potsdam Hohenzollerndamm 123, 14199 Berlin

Telefon +49 331 9793750
Telefax +49 331 97937520

E-Mail: schulte@ilex-recht.de
Internet: ilex-bankrecht.de

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