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Künstlersozialabgabe

Fällt die Künstlersozialabgabe immer an? - Bundessozialgericht grenzt die Abgabepflicht ein

Wer Leistungen von Künstlern oder eines Publizisten in Anspruch nimmt oder solche Leistungen anbietet, der muss damit rechnen, zur Abgabe an die Künstlersozialkasse herangezogen zu werden. Grundlage ist das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG), welches das Sozialversicherungsrecht für selbstständige Künstler und Publizisten im Rahmen der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung von Künstlern regelt. Dazu folgendes Beispiel: Der Zahnarzt Z beauftragt den Künstler K seit einigen Jahren ihm eine individuell gestaltete Weihnachtspostkarte für seine Patienten zu zeichnen. Z glaubt, dass mit der Bezahlung der Rechnung des K alle Kosten gedeckt seien. Nachdem die Rechnung des K beglichen wurde, erhält er einen Bescheid der Künstlersozialkasse, wonach er auf die Rechnungssumme noch einmal 3,9 % an sogenannten „Künstlersozialabgaben“ zu zahlen habe.

Übersicht:


Was ist die Künstlersozialversicherung?

Die Künstlersozialversicherung ist Teil der gesetzlichen Sozialversicherung. Durch das Künstlersozialversicherungsgesetz (kurz: KSVG) unterwirft der Gesetzgeber selbständige Künstler und Publizisten der gesetzlichen Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, wenn sie eine auf Dauer angelegte, selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit in einem erwerbsmäßigen Umfang ausüben. „Erwerbsmäßig“ und „auf Dauer angelegt“ bedeutet, dass Künstler oder Publizisten mit ihrer Tätigkeit ihren Lebensunterhalt verdienen und diese Tätigkeit nicht nur vorübergehend (etwa als Urlaubsvertretung) ausüben. Künstler und Publizisten erhalten die aus der gesetzlichen Pflichtversicherung resultierenden Leistungen aus der Kranken- bzw. Rentenversicherung von dem jeweiligen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. von der Deutschen Rentenversicherung. Die durch das Gesetz errichtete Künstlersozialkasse entscheidet über die Versicherungspflicht, zieht die Beiträge ein und leitet sie an die Versicherungsträger weiter. Seit 2007 ist auch die Deutsche Rentenversicherung für die Prüfung der rechtzeitigen und vollständigen Entrichtung der Künstlersozialabgabe zuständig.

Warum werde ich zur Künstlersozialabgabe herangezogen?

Eine Besonderheit der Künstlersozialversicherung gegenüber anderen Selbständigen, die ebenfalls einer berufsständischen gesetzlichen Pflichtversicherung unterliegen (z.B. Landwirte, Ärzte, Rechtsanwälte), besteht in der Art der Finanzierung. Der Finanzbedarf der Künstlersozialversicherung wird nämlich nur zur Hälfte aus den Beiträgen der Versicherten aufgebracht. Die andere Hälfte tragen die Verwerter von künstlerischen oder publizistischen Leistungen in Form einer pauschal umgelegten Künstlersozialabgabe. Für das Jahr 2010 beträgt der Satz der Künstlersozialabgaben für alle Nutzer und Verwerter von künstlerischen oder publizistischen Leistungen zusätzliche 3,9 % der an den Künstler oder Publizisten gezahlten Rechnungssumme. Auf diese Weise werden selbstständige Künstler und Publizisten ähnlich wie Arbeitnehmer behandelt, bei denen Arbeitgeber ebenfalls Beiträge zur Sozialversicherung für ihre Mitarbeiter aufbringen müssen. Die Verfassungsmäßigkeit dieser im Sozialversicherungs-System sicherlich einzigartigen Finanzierung wurde vom Bundesverfassungsgericht im Jahre 1987 bestätigt (Beschl. v. 08.04.1987 – 2 BvR 909/82).

Wann muss ich als Verwerter an die Künstlersozialkasse zahlen?

Die Fallkonstellationen bei der eine Künstlersozialabgabe erhoben werden kann, sind denkbar vielfältig. Die Möglichkeit der Abgabenpflicht beginnt bei der Band, die bei einer Betriebsfeier auftritt, geht weiter über die für Unternehmen oftmals unentbehrliche Werbeagentur und endet noch längst nicht bei extern eingeschalteten Fotografen oder dem extern eingeschalteten PR-Autor. Die Abgabepflicht hängt naturgemäß an der Definition des Berufes eines Künstlers oder Publizisten. Als Künstler gilt, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft oder lehrt, Als Publizist gilt, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt. Ebenfalls von der Künstlersozialabgabe betroffen können Leistungen von Kritikern, Übersetzern, wissenschaftlichen Autoren oder von Fachleuten für Öffentlichkeitsarbeit oder Werbung sein.

Wann muss ich als Verwerter nicht zahlen?

Über die Abgabenpflicht von Verwertern an die Künstlersozialkasse existiert eine Vielzahl an Rechtsstreitigkeiten. Im Jahre 2008 hat das Bundessozialgericht beispielswiese entschieden, dass die Abgabenpflicht zur Künstlersozialversicherung nicht auf Berufssportler zutrifft, die in einem Werbefilm eine künstlerische Rolle einnehmen (BSG, Urt. v. 24.01.2008 – B 3 KS 1/07 R). In dem Fall wurde eine Agentur in Anspruch genommen, die die Persönlichkeitsrechte von Profisportlern vermarktete. Zu ihren Kunden zählten zwei Profiboxer. Im Rahmen des Vermarktungsvertrages entstanden auch zwei TV-Werbespots. Dafür erhielt die Vermarktungsgesellschaft ein Honorar von einem Werbeunternehmen. Das Honorar reichte sie abzüglich einer Provision an die beiden Profiboxer weiter. Die Künstlersozialkasse nahm die Vermarktungsgesellschaft daraufhin auf Zahlung von Künstlersozialabgaben in Höhe von 28.963,60 € in Anspruch. Die Höhe der festgesetzten Abgaben beruhte auf einer Schätzung. Die Künstlersozialkasse argumentierte, dass es sich bei den Aufnahmen um kleine Filmbeiträge handelt, bei denen die Profiboxer als Darsteller in einer Rolle zu sehen seien, d. h. als Künstler und weniger in Ihrer Eigenschaft als Sportler. Deshalb seien Abgaben zur Künstlersozialkasse angefallen. Dem widersprach der 3. Senat des Bundessozialgerichtes und entschied, dass auch die Aufnahme von Sportlern in einem Werbefilm letztendlich nur ein Annex zu der Tätigkeit der Sportler sei. Profisportler würden durch einen Werbespot nicht zu Künstlern. Ob diese Rechtsprechung auch auf ehemalige Profisportler Anwendung findet, die sich heute weitgehend der medialen Vermarktung ihrer Person widmen, ist unklar.

Wann muss ich als Künstler / Publizist nicht zahlen?

Tätigkeiten bei denen handwerkliche Arbeit im Vordergrund steht, unterfallen im Regelfall nicht der Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung. Dazu zählen beispielsweise handwerkliche Tätigkeiten von Kunsthandwerkern (etwa Goldschmiede oder Instrumentenbauer), auch wenn sie zweifellos eine gewisse gestalterische Leistung erbringen. Das gleiche gilt beispielsweise auch für Tätowierer (BSG, Urt. v. 28.02.2007 – B 3 KS 2/07 R), da hier die handwerkliche Tätigkeit im Vordergrund steht.

Eine weitere wichtige Voraussetzung ist, dass Sie aus ihrer künstlerischen oder publizistischen nicht nur vorübergehend ausgeübten Tätigkeit ein Mindesteinkommen beziehen, nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen und nicht anderweitig von der Versicherungspflicht befreit sind. Insbesondere nebenberufliche Künstler, die ihr überwiegendes Einkommen aus einer anderweitigen Haupttätigkeit beziehen, sind von der Versicherungspflicht ausgenommen.

Autor

Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Publikationen:

Veröffentlichungsliste Dr. Schulte am Hülse (PDF)

Auswahl (Sonderdrucke als PDF)

Das Abgreifen von Zugangsdaten zum Online-Banking, in: MMR 7/2016, S. 435-440.

Umfang des Auskunftsanspruches gegen die Schufa-Scorewerte, in: NJW 17/2014, S. 1235-1239

Der Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Bargeldabhebung an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl, in: NJW 18/2012, S. 1262-1266.

Das Abgreifen von Bankzugangsdaten im Online-Banking, in: MMR, 2010, S. 84-90.

Weitere Sonderdrucke auf Anfrage

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Telefon +49 331 9793750
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