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Namensrecht : Was gilt, wenn Fehler des Standesamtes zu ungewollten Ehe- oder Kindnamen führen ?

Von ilex Rechtsanwälte bearbeiteter Fall:

Standesamt-Versäumnisse bei der schriftlichen Anmeldung

 

 

2 frisch Verheiratete haben in einer deutschen Standesamt-Außenstelle die Ehe miteinander geschlossen, nachdem die Anmeldung der Ehe schriftlich vorgenommen worden ist. Es ist hier zu einem erheblichen und auswirkungsreichen Missverständnis gekommen.

 Einen persönlichen Beratungstermin gab es nicht. Die Ehewilligen hatten dem Wohnort-Standesamt die notwendigen Dokumente vollständig vorab per E-Mail übersandt und nutzten dabei die Standesamt-eigene Ausfüllhilfe für die schriftliche Anmeldung zur Eheschließung.

 Vor postalischer Zusendung haben die frisch Verheirateten der zuständigen Wohnort- Standesbeamtin die ausgefüllten Dokumente zur Überprüfung per Mail geschickt. Es kam dabei zu keinerlei Rückfragen/Beanstandungen seitens der Standesbeamten.

 In der ebenfalls übersandten „Vollmacht/ schriftliche Anmeldung der Eheschließung“ gaben die Ehewilligen an, dass der Ehemann den Namen behält und die Ehefrau fortan einen Doppelnamen trägt (Mädchenname-Familienname Ehemann). Seitens der Ehewilligen wurde auf dem Formular kein Ehename bestimmt und dieses Feld wurde freigelassen, was die Wohnort-Standesbeamten aber bedauerlicher Weise nicht beanstandete.

 Die Ehewilligen wollten vielmehr von Anfang an zum Ausdruck bringen, dass kein Ehename bestimmt werden soll, so dass jeder seinen bisherigen Namen behält bzw. die Ehefrau in spe lediglich den Beinamen des Mannes annimmt.

Aus der Erklärung zum Namensrecht nach §1355 BGB, die sie als Ausfüllhilfe für die schriftliche Anmeldung zur Eheschließung erhalten hatte, war eindeutig für die Ehewilligen nicht zu erkennen gewesen, dass der Wunsch auf Annahme des männlichen Beinamens rechtlich die Bestimmung des männlichen Beinamens zum Ehenamen voraussetzt.

Als die Wohnort-Standesbeamte die Bescheinigung über die Anmeldung der Eheschließung ausstellte, hat diese eigenmächtig den Namen des Mannes zum Ehenamen bestimmt, damit die Ehefrau den Beinamen des Mannes annehmen annehmen kann. Dadurch muss auch das zukünftige Kind den Namen des Vaters zwingend annehmen.

Die Wohnort-Standesbeamtin hätte nach zutreffendem Ansatz aufgrund der fehlenden eindeutigen Aussagekraft, d.h. Wunsch auf Beinamen und gleichzeitiger Wunsch auf Nichtfestlegung des Ehenamens, im Rahmen der gemachten Angaben in der „Vollmacht/schriftliche Anmeldung der Eheschließung“ die Ehewilligen im Vorfeld kontaktieren und sie befragen müssen, ob denn nun ein Ehename bestimmt werden soll oder aber ob, kein Ehename bestimmt werden soll.

Zudem hätte sie auf die Konsequenzen der einen oder anderen Alternative hinweisen müssen, auch hinsichtlich der zukünftigen Namensoptionen auf (zukünftige) gemeinsame Kinder der Ehewilligen. 

Anstatt ihrer Aufklärungsverpflichtung nachzukommen, hat die Wohnort-Standesbeamtin  jedoch für sich selbst einfach den Rückschluss gezogen, diese Uneindeutigkeit könne nur bedeuten, dass der Familienname des Mannes von den Ehewilligen als Ehename gewünscht sein müsse.

Am Tag der Hochzeit haben die Eheleute  zwar die „Niederschrift über die Eheschließung“ unterschrieben; sie haben jedoch in der Hochzeitsaufregung übersehen, dass dort nun fälschlich aufgrund der fehlerhaften Bescheinigung über die Anmeldung der Eheschließung, die der Außenstelle zur Erstellung der Eheurkunde zugrunde lag, der Familienname des Mannes zum Ehenamen bestimmt worden war. 

Ein Aufklärungsgespräch mit der Außenstelle sowie die Sichtung der Eheurkunde im Vorfeld der Hochzeit, so dass eine genaue Prüfung seitens der Ehewilligen hätte den Fehler ausfindig machen können, wurde nicht angeboten und hat daher auch nicht stattgefunden. 

Es wurde zudem die Standesamt-Außenstelle um Stellungnahme/Abhilfe gebeten. Aus dem Antwortschreiben geht klar hervor, dass der Fehler im Einflussbereich des Wohnort-Standesamt liegt, nämlich bei der Erklärung zur Namensführung durch die Wohnort-Standesbeamtin bei der Übertragung der Angaben aus der Vollmacht/ schriftliche Anmeldung der Eheschließung in die Bescheinigung über die Anmeldung zur Eheschließung.

 Zur Rechtslage

 

Gemäß § 14 Abs. 1 PStG sind vor der Eheschließung die Eheschließenden zu befragen, ob sich seit der Anmeldung ihrer Eheschließung Änderungen in ihren die Ehevoraussetzungen betreffenden tatsächlichen Verhältnissen ergeben haben und ob sie einen Ehenamen bestimmen wollen.

 

Dem ist hier nicht nachgekommen worden. Wie bereits dargestellt, hat die Wohnort-Standesbeamtin für sich selbst fälschlicher Weise den Rückschluss gezogen, diese Uneindeutigkeit könne nur bedeuten, dass als Ehename der Familienname des Mannes gewünscht sein müsse.

 Die frisch Verheirateten haben in der Folge die etwaig erteilte Erklärung wegen Irrtums nach § 119 I BGB angefochten, wonach der gemeinsame Ehename der Familienname des Mannes sein soll.

 Es wurde zugleich beantragt, Beschluss darüber zu fassen, dass von den frisch Verheirateten kein Ehename wirksam bestimmt wurde.

Unter der Maßgabe, dass nie wirksam ein gemeinsamer Ehename durch frisch Verheirateten bestimmt wurde, erklärte die Ehefrau den männlichen Beinamen abzulegen mit der Maßgabe, dass beide Ehegatten ihre bisherigen Namen beibehalten. 

Darauf haben die frisch Verheirateten auch einen Anspruch, vgl. § 1355 I 2 BGB.

 Bestimmen die Ehegatten (wie hier) keinen Ehenamen, so führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach der Eheschließung.

 Die Wohnort-Standesbeamtin hätte nach zutreffendem Ansatz das Paar über die Möglichkeit der Namensführung hinweisen müssen, nachdem die schriftliche Anmeldung vorlag, um die Uneindeutigkeit der Angaben der Ehewilligen aufzulösen.

 Es fand aber gar kein Gespräch zwischen der Wohnort-Standesbeamtin und dem Paar statt, obwohl die Ehewilligen ausdrücklich um Prüfung der Unterlagen vorab gebeten hatten.

 Mit anderen Worten: Alles wäre in Ordnung, hätte die Wohnort-Standesbeamtin nur darauf hingewirkt, dass das Kreuz an die richtige Stelle gesetzt wird und nicht eigenmächtig den Namen Familiennamen des Ehemannes zum Ehenamen bestimmt hätte.

 Aus der Stellungnahme der Wohnort-Standesbeamtin geht u.a. hervor, dass nach dortiger Ansicht die Außenstelle zuständig sei für die Eheschließung, weshalb aus deren Sicht die Außenstelle die Namensführung zu prüfen, die Ehegatten entsprechend zu beraten und letztlich die Beurkundung vorzunehmen hat.

 Dies heißt im Umkehrschluss, dass auch die Außenstelle zuständig ist für die Berichtigung des Registereintrags dahingehend, dass die Ehewilligen keinen Ehenamen bestimmt haben und somit beide ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach der Eheschließung tragen.

 Auf § 1355 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 BGB und auf § 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Abs. 3 S. 1  PStG hat ilex Rechtsanwälte hingewiesen und auch darauf, dass die Registerberichtigung  möglich, hier vorzunehmen und sogar gesetzlich vorgesehen ist, vgl. § 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Abs. 3 S. 1  PStG

 Die fehlerhafte Übertragung beantragte ilex Rechtsanwälte unter Fristsetzung in dem entsprechenden Registereintrag dahingehend zu berichtigen, dass kein Ehenamen bestimmt wurde und somit beide ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach der Eheschließung tragen.

 Die Standesamt-Außenstelle behauptete in der Folge, dass die Bestimmung des Ehenamens unwiderruflich sei, was ilex Rechtsanwälte vehement bestreitet.

 Es liegt nämlich zunächst ein Fall des § 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 PStG vor. Eine fehlerhafte Übertragung aus Urkunden, die der Eintragung zu Grunde gelegen haben,  ist gegeben und dies hat die Standesamt-Außenstelle selbst bereits festgestellt. Dass die fehlerhafte Übertragung von dem Standesamt des Wohnsitzes herrührt, ist dabei unerheblich.

 Auch liegen die Voraussetzungen des § 47 Abs. 3 S. 1  PStG vor. Hier haben die Ehegatten selbst den Berichtigungsantrag gestellt. Eine ausreichende Anhörung lag damit vor.

 Wie die Berichtigung zu erfolgen hat, ist aus § 47 Abs. 1 S. 1 ersichtlich (durch Kennzeichnung und erneute Beurkundung).

 Für den Fall des fruchtlosen Fristablaufes kündigte ilex Rechtsanwälte aufsichtsrechtliche und gerichtliche Weiterungen nach §§ 48 f. PStG an.

 

 

 

 

Autor

Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Publikationen:

Veröffentlichungsliste Dr. Schulte am Hülse (PDF)

Auswahl (Sonderdrucke als PDF)

Das Abgreifen von Zugangsdaten zum Online-Banking, in: MMR 7/2016, S. 435-440.

Umfang des Auskunftsanspruches gegen die Schufa-Scorewerte, in: NJW 17/2014, S. 1235-1239

Der Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Bargeldabhebung an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl, in: NJW 18/2012, S. 1262-1266.

Das Abgreifen von Bankzugangsdaten im Online-Banking, in: MMR, 2010, S. 84-90.

Weitere Sonderdrucke auf Anfrage

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