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Werbemaßnahmen, ihre Zulässigkeit und Grenzen

Wer kennt das nicht, wie viele Werbeprospekte haben wir schon weggeworfen, wie viel Werbemails schon gelöscht. Durch das Internet und den boomenden Onlinehandel entstehen zudem immer neue Werbemöglichkeiten. Genannt seien hier die „like buttons“ oder die „tell a friend“ E-Mail-Werbung. So Mancher wird sich schon gefragt haben, wie man sich hiergegen schützen kann, bzw. in wie weit solche Werbung überhaupt zulässig ist. Denn als Verbraucher muss man sich noch längst nicht alles gefallen lassen. Der folgende Artikel soll erläutern, wie weit Werbemaßnahmen gehen dürfen, was die Verbraucher dagegen tun können und unter welchen Voraussetzungen eine Einwilligung erteilt werden kann.

Übersicht:

1. Ausgangslage

Zunächst muss man sich einmal vor Augen führen, welche Interessen sich bei diesem Konflikt gegenüberstehen.

Grundsätzlich ist Wettbewerb zwischen verschiedenen Anbietern gewünscht. Dies ist deshalb der Fall, weil der Endverbraucher von einem derartigen Wettbewerb profitiert. Sobald zwei Anbieter eines ähnlichen Gutes miteinander um die Gunst der Käufer buhlen, hat das den für letztere positiven Effekt, dass sich die Verkäufer gezwungen sehen, entweder ein günstigeres, oder ein besseres Produkt als der Konkurrent anzubieten. Im Optimalfall sogar beides. Andererseits kann völlig unregulierter Werbewettbewerb auch schaden. Es gilt zu vermeiden, dass der Kampf um die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf deren Rücken ausgetragen wird. Dies erscheint unter anderem deshalb geboten, weil die freie Willensbetätigung jedes Einzelnen geschützt werden muss. Niemand soll durch einen irgendwie gearteten Zwang zu einem Kauf bewegt werden. Die Kaufentscheidung soll aufgrund von Informationen und nicht aus Resignation oder zur Vermeidung weiterer Werbemaßnahmen getroffen werden.

Diese beiden Interessenlagen gilt es zu einem vernünftigen Ausgleich zu bringen. Hierfür sieht das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bestimmt Regeln vor.

2. Maßstab

Maßstab für die Beurteilung der Zulässigkeit von Werbung bildet § 7 UWG. Unzulässig sind danach unter anderem Werbemaßnahmen, die in unzumutbarer Weise belästigend wirken. Zum einen ist hier die Haustür- und Briefkastenwerbung zu nennen, zum anderen aber auch Werbung mit Hilfe von technischen Kommunikationsmitteln, wie Telefon, E-Mail oder den sozialen Netzwerken.

Wann diese Werbung unzulässig ist und welche Voraussetzungen gelten, gilt es nun näher zu beleuchten.

3. Konkrete Werbemaßnahme

Bezügliche jeder Werbemaßnahme können sich folgende Fragen ergeben:

- Wie weit darf eine Werbemaßnahme gehen?
- Was kann ich dagegen tun?
- Unter welchen Voraussetzungen kann ich meine Einwilligung erteilen?

a) Haustürwerbung

Besuche von Vertretern an der Haustür werden allgemein aus Gewohnheit als zulässig erachtet. Jedoch kann man hiergegen einwenden, dass ein solcher Besuch in die Privatsphäre des Betroffenen einschneidet und diesen durch eine soziale Drucksituation in Bedrängnis bringt und den Sich der Situation nur durch Vertragsschluss entziehen kann.

Es bleibt festzustellen, dass es in dieser Situation nur zwei Möglichkeiten bleiben, entweder die Haustür wieder zu schließen oder das beworbene Produkt zu kaufen und sodann, nach dem der unliebsame Besuch fort ist, den Widerruf innerhalb von ZWEI WOCHEN! zu erklären. Die mit dem Widerruf verbunden Kosten hat der Unternehmer zu tragen.

b) Briefkastenwerbung

Briefkastenwerbung ist nur dann unzulässig, wenn diese erkennbar gegen den Willen des Inhabers verstößt. Im Klartext, diese Art von Werbung hat man solange auch ohne Einwilligung hinzunehmen, bis man ausdrücklich das Gegenteil erklärt. Dies ist Resultiert geleitet von Praktikabilitätsgründen, denn wer kann genau sagen wer einen bewirbt und wer einen bewerben wird. Andererseits geht die oben dargestellte Abwägung hier zu Lasten des Verbrauchers, dessen Privatsphäre zu Lasten der Werbefreiheit weichen muss.

Hilfreich ist in solchen Situationen immer noch die Sichtbarmachung auf dem Briefkasten, dass keine Werbung erwünscht ist. Hat man sodann auch noch Ärger mit Anzeigeblättern, die mit Werbung gefüllt sind, bleibt hier nur zu folgendem Satz auf dem Briefkasten zu raten: „Keine Werbeprospekte und keine Anzeigenblätter mit einliegenden Werbeprospekten“(BGH, WRP 2012, 938).

c) Telefonwerbung

Telefonwerbung setzte grundsätzlich stets die Einwilligung oder mutmaßliche Einwilligung voraus. Begründet wird dies mit dem Schutz der Privatsphäre, denn dem eingehenden Anruf kann man sich nicht „freiwillig“ entziehen, da es nicht ersichtlich ist, wer anruft.

Hier ist also eine Einwilligung nötig, um überhaupt in den Genuss solcher Werbung zu kommen. Fraglich ist also, welche Voraussetzungen an solch eine Einwilligung zu stellen sind. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil „Einwilligung in Werbeanruf II“ ( BGH, NJW 2013, 2683) darauf hingewiesen, dass strenge Anforderungen gelten. Der einwilligende muss also im Einzelfall konkret die Sachlage kennen und wissen mit welchem Produkt er beworben wird. Auf die Telefonwerbung ist hinzuweisen.

d) Werbe-E-Mail

Hier wird wie bei der Telefonwerbung auch eine ausdrückliche Einwilligung verlangt. Auch die Werbung via „tell-a-friend“ Option ist ohne Einwilligung unzulässig, da dein „Freund“ nicht über deinen eigenen Willen verfügen kann.
Fraglich erscheint aber trotzdem, ob es hier den strengen Anforderungen einer Einwilligung bedarf. Im Gegensatz zur Telefonwerbung kann der E-Mail-Empfänger viel einfacher entscheiden, ob und wann er die E-Mail lesen möchte. Eigentlich kann man diese Art von Werbung kann man besser mit der Briefkastenwerbung vergleichen. Nichts desto trotz gelten hier die strengeren Regeln.

Wundert man sich nun immer noch weshalb das Postfach mit Werbung überquillt, bleiben nur praktische Ratschläge. Erstens sollte man bei Onlinebestellungen öfters das schon netter weise eingetragene „Häkchen“ für Werbung entfernen und zweitens sollte man sich einen „Spam-Ordner“ einrichten.

e) Werbung via sozialem Netzwerk

Bei dieser Werbung wird ein User dazu angehalten ein Produkt mit dem „Gefällt-mir“ zu markieren, damit alle Freunde dieses Users eine Werbung dieses Produkts auf der Pinnwand wahrnehmen können. Wie diese Werbung eingestuft wird ist noch offen. Tendenziell wird damit zu rechnen sein, dass hier ein gleich strenger Maßstab wie bei der E-Mail-Werbung angelegt wird, obwohl hier gute Gründe dagegen sprechen. Zum einen ist man dieser Art von Werbung in einem noch geringeren Maß ausgesetzt wie E-Mail-Werbung, denn man kann schnell hinweg lesen oder die „opt-out-Lösung“ wählen, in dem man die Freundschaft zu dem werbeverbreitenden User kündigt oder sich ganz dem Netzwerk entzieht.

f) Werbung bei geschäftlichen Beziehungen

Hier sind gem. § 7 II Nr. 4 UWG verschiedene Anforderungen zu stellen, die alle vorliegen müssen, damit eine Werbung per SMS, MMS oder E-Mail zulässig ist. Kurz gefasst, muss der Werbende die E-Mail oder Telefonnummer aus dem konkreten Kontakt erhalten haben, es muss sich bei dem beworbenen Produkt um ähnliche Produkte, wie bei dem ersten handeln, es darf kein Widerspruch gegen diese Werbung vorliegen und man muss kostenfrei dieser Werbung jeder Zeit widersprechen können.

Sollte man sich an Werbung stören die man z.B. im Anschluss an eine Onlinebestellung erhält, kann man hier einfach widersprechen.

4. Fazit

Ist eine Einwilligung erforderlich, so sind hieran hohe Anforderungen zu stellen. Wird jedoch gegen die obigen Regeln verstoßen, so bleibt dem einzelnen Verbraucher nur ein Unterlassungsanspruch, der nicht aus dem UWG resultiert, viel mehr aus dem BGB ( §§ 823, 1004 BGB). Hingegen können sich Verbraucherschutzvereine auf die UWG Vorschriften berufen. Ihnen steht das Recht zu die Verstöße kostenpflichtig abzumahnen.

Autor

Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Publikationen:

Veröffentlichungsliste Dr. Schulte am Hülse (PDF)

Auswahl (Sonderdrucke als PDF)

Das Abgreifen von Zugangsdaten zum Online-Banking, in: MMR 7/2016, S. 435-440.

Umfang des Auskunftsanspruches gegen die Schufa-Scorewerte, in: NJW 17/2014, S. 1235-1239

Der Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Bargeldabhebung an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl, in: NJW 18/2012, S. 1262-1266.

Das Abgreifen von Bankzugangsdaten im Online-Banking, in: MMR, 2010, S. 84-90.

Weitere Sonderdrucke auf Anfrage

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Telefon +49 331 9793750
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